Der Tagesschausprecher hat eine Klopapierrolle unter der Jacke, Maria gebärt Florian Wirtz, Ralph Schumacher heiratet eine Ochsenverkäuferin und gründet wirkaufendeinnutztier.de und die Hirten sind mit Siri und Alexa überfordert. Wie sind wir hier nur gelandet?
Spulen wir zurück: Die Sonne scheint, es sind 20°C, die Bäume stehen voll im Saft des Sommers, irgendwo kreischt eine Möwe und aus einem offenen Fenster klingt ... Jingle Bells?
Nein, wir befinden uns keinesfalls auf der anderen Erdhalbkugel, wohl etwa in Australien, wo Weihnachten im Sommer gefeiert wird. Tatsächlich ertönt die Musik aus einem unscheinbaren Gruppenhaus am Rande eines Campingplatzes unweit des niederländischen Örtchens Ellemeet. Und auch die Vermutung, dass die Klimakrise derart fortgeschritten sei, dass der hiesige Winter jetzt die zwanzig Grad überschreiten würde, ist eine falsche.
Nein, nein. Hier passiert was völlig anderes: Unsere Jahresfeierei ist bei Weihnachten angekommen.
Kaum kamen die Kinder aus dem Bett, machten sie schon Sport mit einer der Sage nach sehr viel nördlicher ansässigen Weihnachtsgestalt und fielen danach, am Morgen des Heiligen (Abschluss-) Abends, wie so oft über das Frühstück im mit Lichterketten und Weihnachtsdeko geschmückten Essensraum her. Anschließend nahmen sich zwei Gruppen ein Beispiel an den hilfreichen Wichteln ebenjener Person, fegten und putzten durchs Haus und schwangen in der Küche fleißig die Handtücher.
Der Vormittag stand ganz unter dem Zeichen der weihnachtlichen Renntiere. (Nein, es handelt sich hier nicht um einen Schreibfehler, viel mehr um eine niederländische (oder vielleicht auch für die Kinderfreizeit erdachten) Variation der nicht-benannten Weihnachtsgestalt, deren Schlitten hier natürlich von gewaltigen Friesen, einer Gattung Pferd, auch „Renntiere“ gennant, und nicht etwa von Rentieren gezogen wird.) Freundlicherweise hatte er, den wir hier nicht genauer erwähnen, uns zehn seiner Renntiere zur Ausbildung übergeben, sodass die Kinder sie durch fünf verschiedene Proben führen konnten. Dabei zeigten sowohl die Reiter:innen als auch die Renntiere ihr können beim rasanten Zustellungsparkour, dem zielgenauen Geschenkepolo, der Reise unter erschwerter Sicht (Rudolph kann einpacken.), der eleganten Schornsteindressur und der Kinder-haben-uns-gesehen Notfallkür. Am Ende konnten fast ein Dutzend der Reiter:innen so sehr überzeugen, dass sie und ihre Renntiere sich sogar eine Auszeichung verdient hatten.
Derweil huschten sehr viel größere Wichtel schon den ganzen Vormittag durch die Küche in Vorbereitung für das große Weihnachtsessen am Abend, sodass wir mittags ganz klassisch mit (sogar mehr als drei) Tortellini und einer sehr schmackhaften Gemüsebrühe ausgestattet wurden, bevor es für unser überfleißiges Küchenteam zurück für die letzten Vorbereitungen ging.
Aber nicht nur in der Küche war es arbeitsam: Für den Abend brauchte es natürlich ein — Was sage ich?! — FÜNF Krippenspiele. Aber natürlich nicht fünfmal das gleiche Krippenspiel, sondern mit Variationen. Und da kommen wir zum Anfang zurück: Manche Gruppen mussten sich fragen, wie sie nur Ralph Schumacher einbauen könnten? Welche Rolle übernimmt Florian Wirtz im Krippenspiel? Ist eine Klopapierrolle wirklich ein glaubhafter Preis für das beste Krippenspiel einer niederländischen Grundschule? Und wie hätte eigentlich RTL Jesu Geburt inszeniert? Fragen über Fragen, die am Nachmittag in zahllosen kreativen Diskussionen, Kostümideen und Proben beantwortet und auf kreativste Art für den Abend umgesetzt wurden.
Vorher stand aber noch ein weiteres Highlight der Freizeit an: Das große Weihnachtsabschlussbuffet. Mal wieder übertraf sich die Küche mit einem gigantischen Buffet. Hot Dogs und dazu Falafel, verschiedene Dips, überbackene Zucchini, Tomate-Mozzarella, Kösespieße, Auswahlen an Gemüse und Obst, verschiedenste Desserts und dazu selbstgebackene Waffeln am Stiel. Wir alle standen mindestens zwei Mal davor, schlugen uns die Bäuche voll und wenn noch Platz für einen dritten Gang (zum Buffet) gab, dann wurde der unternommen. Am Ende standen wir rundsatt vor einem fast blank gefegten Tisch, der mal fast überquoll mit Essen. Was ein Fest!
Perfekt, um sich nach dem Abendessen zurückzulehnen und fünf noch nie dagewesene und auch nie wiederkehrende Krippenspiele zu gönnen, in denen Schafe auf dem Weg zum Heiland waren, Prinzessin Alex (schon wieder) ein Kleid bekam oder ein Tagesschausprecher des Diebstahls überführt wurde.
Müde fielen wir am Abend in den Bett mit ganz viel Lachen und guter Laune und auch ein bisschen Wehmut. Denn morgen ist ja schon der letzte Tag.
Kommentar schreiben